kornecke.de » cinema   » kritiken



Swimming Pool


Wenn ein Regisseur ein Buch verfilmt, ist das eigentlich nichts Besonderes. Wenn aber das verfilmte Buch erst im Film geschrieben wird, dann handelt es sich um Francois Ozons neustes Werk - intelligente Unterhaltung mit großartigen Schauspielern.

Sarah Morton ist eine erfolgreiche englische Krimiautorin. Doch die Frau in den Vierziegern ist nicht zufrieden, eher gereizt. Ihr Verleger bietet ihr daher sein Ferienhaus in Frankreich an; damit sich Sarah dort in aller Ruhe an ihr nächstes Buch setzen und vom Londoner Trubel etwas Abstand gewinnen kann. In Frankreich angekommen genießt die englische Dame dann auch das Haus, das Wetter und die Landschaft - bis die Tochter des Verlegers auftaucht und die Dinge ganz anders laufen, als geplant.

Ganz anders als 'geplant' verlaufen auch die Realitäts-Ebenen des Films. Spätestens am Ende wird klar, dass die Erzählung irgendwann in den 103 Minuten die (filmischen) Tatsachen verlassen hat und ein Geflecht aus Realität, Phantasie und Literatur entstanden ist. Wann genau dies geschehen ist und wer darin welche Rolle spielt, bleibt der Interpretation des Zuschauers überlassen?

Doch wäre es nur das, hätte man noch keinen Unterhaltungsfilm, lediglich ein Lnych'sches Verwirrspiel beisammen. Die wirklich Klasse erhält der Film in erster Linie durch seine beiden Hauptdarstellerinnen: Charlotte Rampling in der Rolle der spießigen Engländerin und Ludivine Sagnier als Verkörperung der sorglos-lasziven Französin - und die (vorprogrammierten) Konflikte zwischen den beiden.

Ozon schafft es nach 8 Frauen erneut, weibliche Klischees aufzugreifen, darzustellen und dennoch den die Sympathie und den Respekt (na ja, den in 8 Frauen vielleicht weniger) für die Charaktere zu bewahren. Die kurzen, aber heftigen Konflikte zwischen den verschiedenen Frauen rund um dem namensgebenden Swimming Pool sind witzig, ohne nur zu wiederholen. Gesten und Mimik - insbesondere der englischen Schriftstellerin, die die eigentliche Identifikationsfigur bleibt - sind ein wahren Vergnügen. Es ist beachtlich mit wie wenig Dialog das Drehbuch insgesamt auskommt.

Doch nicht nur die Leistung der Darsteller ist beachtlich; handwerklich stimmen ziemlich alle Details: V.a. die sparsamst eingesetzte Musik und das Spiel mit den Kamera-Einstellungen setzen Akzente. Verschiedene Perspektiven am (und im) Swimming Pool werden wiederholt, variiert und kombiniert, dass man mitunter aus dem Grinsen nicht mehr herauskommt - oder auch vor Schreck zusammenzuckt.
Alles wirkt (und ist) perfekt komponiert. Es ist ein wahres Vergnügen, den Film aufmerksam zu schauen, zu genießen und zu durchdringen.

Aber Swimming Pool ist auch nicht mehr, als 'nur' ein Unterhaltungsfilm. Nichts, das lange hängen bleibt, keine Effekte, von denen man noch nach Tagen schwärmen kann. Sicher, der Zuschauer hat ein Rätsel zu lösen - insofern (und noch in ganz anderer Beziehung) ist der Film auch ein Krimi - aber es ist kein Rätsel, welches sich wirklich wichtig macht.

Francois Ozons neuer Film sei also allen empfohlen, die bereit sind, sich aufmerksam auf ein kleines Meisterstück einzulassen - und die auf eine unspektakuläre Art unterhalten werden wollen.