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The Soul of a Man


The Soul of a Man, Wim Wenders, 2003

Mit Buena Vista Social Club scheint Wim Wenders seinen - äußerst erfolgreichen - Zugang zu einem Genre gefunden zu haben, dass man Musik-Doku nennen könnte. Seine neueste Produktion, The Soul of a Man, entstand gar in Zusammenarbeit mit Martin Scorsese (Goodfellas, Taxi Driver, Gangs of New York), der für ein amerikanisches Fernsehnetwork eine mehrteilige Dokumentation über den Blues in Angriff genommen hat. Dass er dafür so hochkarätige Regisseure wie Clint Eastwood, Richard Pearce (Memento) oder eben Wim Wenders gewinnen konnte, macht neugierig.

Und der erste Teil der Serie, der hierzulange in die Kinos kommt - auf dass es nicht der letzte war - enttäuscht nicht. Wenders porträtiert drei Blues-Legenden, die nie eine besonders breite Öffentlichkeit gefunden habe, aber aus der Entwicklung (nicht nur) des Blues nicht wegzudenken sind.

Blind Willie Johnson, Skip James und J.B. Lenoir sind Namen, die außer eingefleischten Soul-Liebhabern wohl kaum jemandem einen Begriff sind. Beck, Nick Cave, Eagle Eye Cherry, Lou Reed, The Jon Spencer Blues Explosion oder Lucinda Williams sind Namen, die man hingegen zumindest schon mal gehört hat und deren musikalische Bedeutung auch der Laie erahnt. All diese (und einige mehr) Musiker geben in dem Film Stücke der drei vergessenen Soul-Musiker zum besten - und man ist beeindruckt von der Hingabe und dem Respekt, den diese Musikgrössen ihren Helden zollen.

Von Wenders' drei Hauptfiguren, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lebten, sind wenig Ton und kaum Filmaufnahmen überliefert. Von Blind Willie Johnson, den Wenders gleichzeitig zum Erzähler macht, gibt es gar keine Filmaufnahmen. Wenders hilft sich aus, indem er dessen Leben neu inszeniert und den Film so aussehen lässt, als wären die Aufnahmen authentisch (eine besondere Art von Special Effect).

Neben den Aufnahmen der drei Soul-Legenden und den Interpretationen heutiger Musik-Größen benutzt Wenders auch Aufnahmen von Ereignissen der Zeit, in der die Menschen Blind Willie Johnson, Skip James und J.B. Lenoir gelebt haben, und die ihr Leben und ihre Musik geprägt haben. Martin Luther King, der Vietnam-Krieg und die Voyager-Sonde tauchen auf und sorgen dafür, dass der Zuschauer nicht nur in die Welt des Blues sondern auch in die Zeit und die Umstände seiner Entstehung eintauchen kann. Wenders ist in diesem Film weniger der Entertainer, der er noch mit Buena Vista Social Club war, sondern vielmehr der Erzähler, der einem einiges davon zeigt, was es auf sich hat mit diesem Blues…