– Pinguine verreis(s)en

Wie schon berichtet: Ich fand den Film durchaus sehenswert. Klar werden die Tiere vermenschlicht und klar ist das keine echte Dokumentation – sondern eher ein kitschiger feeld-good-Naturfilm. Na und? Ein guter Film ist ein guter Film; da ist es erstmal egal wie er funktioniert. Und wenn ein Film Spaß macht, dann kann es schon Mal kein schlechter Film sein.

Dass es in den Staaten – wo der Film überaus erfolgreich lief und noch läuft – eine derartig goße Diskussion um den Film gibt, habe ich erst einige Zeit mitbekommen, nach dem ich den Film eben dort gesehen hatte. (Eine ‚Zusammenfassung‘ gibt es beim Tagesspiegel oder auch bei Spiegel Online.)

Jetzt aber hat der Filmdienst, die m.E. seriöseste Publikation zum Thema Kino, seine Kritik zu Die Reise der Pinguine veröffentlicht – und die fällt letztendlich desaströs aus. Zum einen ist das sehr spannend weil der Filmdienst genaugenommen ein katholisches Medium ist; die Zeitschrift entsteht ‚in Zusammenarbeit‘ mit der Katholischen Filmkommission, die Kritiken gelten als offizielle Stellungnahmen eben dieser Kommission.
Da liegt zuerst Mal das Verdacht nahe, dass das Urteil einer katholischen Publikation nicht weit weg liegt von den Argumenten der Religiös-Konservativen in den USA – doch genau das Gegenteil ist der Fall:

Vielmehr ergänzt er diese durch einen dubiosen Kommentar, der das Geschehen auf der Leinwand mit verteilten Rollen auf eine Weise „vermenschlicht“, die ausgesprochen ärgerlich ist. Da stellt sich die Frage, warum Luc Jacquet mit dem bemerkenswerten Material nicht zufrieden war. War es ein Reflex auf die Identifikationsbedürfnisse eines Massenpublikums? Oder waren politisch-ideologische Gründe im Spiel? Jedenfalls arbeitet sein Film mit einem Grad an manipulativer Anthropomorphose, der nur als skandalös zu bezeichnen ist.
(…)
Kein Wunder, dass insbesondere in den USA, wo knapp die Hälfte der Bevölkerung Darwins Theorien ablehnt und stattdessen den göttlichen Plan im „kreativen Design“ erkennt, der Film zum Kassenschlager wird. Jacquets oberflächliches Interesse an Sentimentalität hat den Film zu einem Musterbeispiel für die manipulative Kraft des scheinbar Dokumentarischen gemacht. Einer politischen Lektüre setzt er immerhin keinen Widerstand entgegen – wenngleich er in erster Linie doch etwas anderes ist: offen reaktionärer Kitsch.

Die ganze Kritik gibt es hier online, allerdings nur für zwei Wochen.

Das erstaunt. Wie gesagt, ich halte den Film keineswegs für einen sachlichen Doku-Streifen, den ‚Kitsch‘-Vorwurf (Wenn man es denn als Vorwurf verstehen will…) kann man dem Film sicher machen. Aber ‚reaktionär‘ oder ’skandalös‘? Nein, beim besten Willen…
Ich war ehrlich erstaunt, als ich das erste Mal von der ganzen Diskussion hörte. Und ich war und bin der Meinung, dass man nicht viel machen kann, wenn ein paar Leute in einem Film ihr Weltbild bestätigt finden – das war bei Matrix schon so und irgendwer wird immer Brians Sandalen hinterher rennen. Aber diese Leute ernst zu nehmen, bedeutet vor allem dem Film (und den Leuten, die dahinter stehen) Unrecht zu tun. Auch Morgan Freeman, der in der englischen Verion mit beeindruckender Stimmlage den Erzähler gibt, und dessen Stimme nicht selten für die ‚manipulative Kraft‘ des Filmes (mit-) verantwortlich gemacht wird, war zuletzt mit seiner Rolle in Million Dollar Baby noch eine der Hassfiguren der cinephilen amerikanischen Rechten.

Manchmal ist eine Rose guter Film auch nur ein guter Film.

3 Gedanken zu „– Pinguine verreis(s)en

  1. Minotaurus

    Im Deutschlandradio wurde empfohlen sich Ohrstöpsel oder ein Musikgerät (natürlich mit Ohrhörern) mit ins Kino zu nehmen, damit die schönen Bilder nicht kaputt gemacht werden.

    Naja, ich hätte es eh besser gefunden, wenn die Pinguine nicht zu irgendeinem Brutplatz, sondern direkt nach Redmond marschiert wären *bg*

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