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Ach, Filmdienst!

„Wenn nicht alles täuscht, erleben wir momentan den Beginn einer Renaissance des traditionellen Lichtspieltheaters mit der Konzentration auf einen geräumigen, atmosphärisch dichten Kinosaal. Eine bewusste Antithese zu den Warenhäusern des Films, den Multiplex-Kinos, die gleichwohl auch ihre Berechtigung haben als Ausdruck städtischer Vielfalt und eines differenzierten Publikumsgeschmacks.“

(Alfons Maria Arns im Filmdienst 5/ 2006)

Hoffen wir’s, hoffen wir’s…
Ich verspreche auch, so oft wie nur möglich (und sinnvoll) ins International zu gehen.

[Melancholische Blog-Einträge sind gerade schwer in Mode.]

– Tal der Reaktionäre

tal der wölfe Die Diskussion um den den türkischen Film Tal der Wölfe ist mittelmäßig albern. Hierzulande gibt es verschiedene Kontrollgremien, die Filme überprüfen, ob und wie sie im Kino laufen können und sollen. Die FSK (Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaftwirtschaft) vergibt eine Altersfreigabe; schlimmstenfalls wird ein Film erst ab 18 freigegeben. Dann können sich erwachsene Menschen diesen Film anschauen – alles was danach kommt, wäre genaugenommen Zensur. Was die FSK zu Tal der Wölfe meint, steht hier.

‚Danach‘ kommen allerdings noch einige Gesetze, die die künstlerische und die Meinungsfreiheit einschränken. Sollte der Verdacht aufkommen, dass ein Film gegen solche Gesetze verstößt, gibt es eine Reihe von Institutionen, die Strafanzeige stellen können. Aber wenn selbst Innensenator Körting meint, rechtlich könne man gegen den Film sicher nicht vorgehen (so sein Statement in einer Nachrichtensendung), dann wird dem wohl so sein.

Warum also die Aufregung? Warum die Aufrufe, den Film aus dem Programm zu nehmen oder ihn gar zu verbieten? Weil er halb so brutal ist wie bspw. Passion of Christ? Weil er so einseitig ist wie bspw. Collateral Damage? Weil er so gewalttätig platt ist wie Doom? Oder weil die Helden diesmal keine amerikanische Flagge hissen? Oder weil ‚die Türken‘ nicht in der Lage sind, Fakt und Fiktion zu unterscheiden?

Actionfilme bedienen Vorurteile, der Bösewicht ist überböse, der Held ist eben heldenhaft. Es sollte wenig überraschend sein, dass Figuren, Farben, Flaggen und Sprachen dabei austauschbar sind.
Man muss das nicht gut finden – Tal der Wölfe ist schätzungsweise kien guter Film – aber es ist ausgesprochen albern, sich darüber aufzuregen. Kino ist und war nie eine reine Bildungsinstitution. Kino ist manchmal auch einfach nur dumme, platte Unterhaltung.

Dass die Diskussion auch noch im Nachhall(?) des ‚Karikaturenstreits‘ geführt wird, macht aus dem ‚albern‘ ein ‚reaktionär‘. Wenn die, die vor wenigen Tagen und Wochen noch das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit (zu Recht) laut verteidigt haben, jetzt fordern, man müsse diese ‚islamistische Propaganda‘ verbieten, dann wurde da irgendwas grundsätzlich nicht verstanden. Das eine wie das andere kann man geschmacklos und daneben finden – aber ein Verbot zu fordern hat schlechterdings weder Sinn noch Grundlage.

– Same procedure…

„Das Niveau der 56. Berlinale war insgesamt äußerst mäßig.“

…schreibt der Tagesspiegel.

Es ist tatsächlich jedes Jahr das gleiche Spiel. Vor der Berlinale: Alle bejubeln Dieter Kosslick und sind schon ‚ganz gespannt und aufgeregt‘. Während der Berlinale: Natürlich sind ein paar Filme ’schrecklich‘, aber es macht ‚großen Spaß‘ und alle haben ‚ganz intensive Erlebnisse im Kino‘. Und nach der Berlinale: ‚Mäßiger Jahrgang‘. ‚Das war schon mal besser‘. Und überhaupt, ‚zu wenig Promis/ zu viel Starfixierung/ zu wenig Ernsthaftes/ zu wenig deutsche Filme/ zu viele deutsche Filme‘.

Das deutsche (berliner?) Feuilleton.

– filmdienst feature (4/ 2006)

Best of aktueller filmdienst, mal wieder.

syrianaSyriana, Bundesstart am 23. Februar, wir geradezu euphorisch gelobt. Sefan Volk meint:

Syriana ist kein eingängiger Film und keiner, der einen gleich wieder loslässt. Er gehört zu denjenigen Politthrillern, die man zum besseren Verständnis mehr als nur einmal sehen sollte, und bei denen sich das, dank großartiger Schauspieler, einer herausragenden Regie und eines hintersinnig verschachtelten Drehbuches, auch lohnt. Ein mutiger, ambitionierter Film. Ein großer Wurf!“

Wenig überraschend kommt auch der Oscar-Favorit Brokeback Mountain (ab 09. März) sehr gut weg.

„Zutiefst anrührender Film, dessen Darsteller ihre Figuren mit glaubhaftem Leben erfüllen und ihnen doch ihr Geheimnis belassen. In den Hoffnungen, Sehnsüchten und Lebenslügen des Paares vermittelt der meisterhaft inszenierte, episch breite Film die Einsamkeit und Ängste seiner beiden Protagonisten.“

Aeon Flux Schade ist es um Aeon Flux (ab 16. Februar). Hätte eine sehr unterhaltsame Angelegenheit werden können. Ist es aber nicht – meint zumindest Rüdiger Suchsland:

„So naiv und eindimensional, gar streckenweise albern, wie sich das anhört, ist es auch. (…) „Aeon Flux“ ist kein völlig schlechter Film, aber ein völlig uninteressanter.“

Sehr erfreulich klingt aber, was Dominik Graf mit dem Roten Kakadu (bereits im Kino) abgeliefert hat; erfreulich, dass man auch solche Filme über „den Osten“ machen kann. Horst Peter Koll:

„Das alles funktioniert trefflich als kurzweiliges historisches Ausstattungskino, das sich nahtlos in die derzeitige Welle vergleichbarer Kino- und Fernsehsujets zwischen „Good Bye, Lenin!“ und „Der Tunnel“ eingliedert. (…) „Der Rote Kakadu“ ist alles andere als sprödes Autorenkino, das Graf noch mit seinem letzten Kinofilm „Der Felsen“ bediente; es ist routiniertes Unterhaltungskino – freilich mit aller Aufmerksamkeit, Sensibilität und Professionalität, die dieses Genre mit Glaubwürdigkeit und Leben erfüllt.“

– Über deutsches Kino

Dominik Graf hat die Lage im Interview mit dem Tagesspiegel treffend auf den Punkt gebracht:

„Es ist nicht gut, wenn das Kino für die großen und das Fernsehen für die kleinen Gefühle zuständig sein soll. Auch das Kino braucht die C-Pictures, schnelle, unaufwändig gedrehte Genre-Geschichten. Egal, was die Hohepriester der Kinematographie gegen das Fernsehen sagen: die zwei besten deutschen Filme der letzten fünf Jahre waren für mich ein „Tatort“ aus München und ein „Sperling“ aus Berlin. Nur da habe ich als Zuschauer Figuren, Momente, Dialoge gefunden, die ich geliebt habe. Im deutschen Kino finde ich viel streberhaftes Bemühen nach dem Besonderen. Entweder zu viel oder zu wenig Kunst. Nichts, was ich so lieben kann. Filme, die daherkommen wie Aufsätze von Einserschülern, die das Feuilleton aufmerksam studiert haben.“

– Im Kino: München

muenchenIm Kino gewesen. Der erste Höhepunkt des Kino-Jahres.

Steven Spielbergs München, der Israels Rachefeldzug gegen die Hintermänner des Attentats währen der Olympischen Spiele 1972 thematisert, wird und wurde kontrovers diskutiert. Sogar von der israelischen Regierung sind kritische Töne zu hören: Spielberg eigne sich zu sehr den Standpunkt der palästinensischen Attentäter an, er blende die Verbrechen und den Terror der arabischen Täter aus. Ein anderes Ziel der Kritik ist Spielbergs Vorlage, Vengeance von George Jonas. Es scheint inzwischen sicher, dass es sich bei diesem Buch nicht um die Tatsachenschilderung handelt, die das Buch zu sein vorgibt.

Aber beides sind Vorwürfe, die in gewisser Weise daneben gehen. Was genau Spielbergs Absicht war, weiß nur er allein – die Frage ob der Film die Gewalt nur einseitig schildert oder nicht, kann man diskutieren, sie ist jedoch für das Funktionieren des Filmes unwesentlich. Im Zentrum der Handlung stehen die Mossad-Agenten, ihre Jagd nach den Hintermännern und das, was ihr ‚Job‘ für sie für Auswirkungen hat. Spielberg beschäftigt sich mit denen die töten, ihren Motivationen, ihren Bedenken, ihren Ängsten und dem, was der Auftrag mit ihnen macht. In dieser Hinsicht ist München ein sehr subjektiver Film; ohne jeden Anspruch auf objektive Ausgewogenheit.
Und auch die Frage, ob es sich bei dem Gezeigten um Tatsachen handelt ist für die Kraft und das Funktionieren des Filmes zweitrangig. Es geht nicht darum, Wahrheiten aufzudecken; es geht vielmehr darum, die Legitimation des Tötens generell zu hinterfragen und die Konsequenzen solchen Handelns darzustellen.

Der Film beginnt als Politthriller, eine Agentengeschichte die spannend erzählt wird, den Zuschauer mitnimmt. Nach und nach jedoch kippt die Story; mehr und mehr verschiebt sich der Focus von der Jagd aud die Jäger. Ohne dass es der Zuschauer recht merkt, ist er – zusammen mit den Akteuren – bald gefangen in einer Situation, in der er die Dinge hinterfragen und werten muss. Die anfängliche Spannung der Story wird ersetzt durch Anspannung in und unter den Figuren, mit denen sich der Zuschauer anfangs noch weitestgehend identifizieren konnte.

Jenseits dieser ‚persönlichen‘, erschütternden Entwicklungn ist München zuletzt auch ein Statement zum aktuellen Zeitgeschehen. Wenn Avner, der Anführer des Mossad-Kommandos, in der letzten Szene verlassen und desillusioniert in New York steht, dann wird klar, wie sehr die Ereignisse von München mit den aktuellen Geschehnissen im Nahen Osten und auch mit den Terrorakten vom elften September verbunden sind.

kornecke meint:

– Im Kino: Die Boxerin

Die Boxerin Im Kino gewesen. Einigermaßen enttäuscht gewesen.

Die Boxerin ist zeitgleich mit Million Dollar Baby entstanden – und erzählt eine ähnliche Geschichte: Über das scheinbar hoffnungslose Leben einer Außenseiterin, der das Leben übel mitspielt, die aber – nach anstrengendem Kampf um die Möglichkeit – im Boxen eine Erfüllung/ etwas Glück (?) findet.

Ist Die Boxerin auch Oscar-verdächtig? Nein, die Gemeinsamkeiten zwischen den Filmen beschränken sich auf die Handlung. Entstanden ist der Film als Abschlussarbeit einer Filmstudentin. Die Schauspieler sind nicht unbekannt und liefern z.T. durchaus solide Leistungen ab (Katharina Wackernagel spielt ihre Rolle durchaus mutig und überzeugend, allerdings beschränkt sich diese auf einige, wenige Gesichtsausdrücke und das Rauchen mit drei Fingern) – aber handwerklich macht sich die fehlende Professionalität durchaus bemerkbar.

Es ist allerdings nicht das Hauptproblem des Filmes, dass er versucht, dem Zuschauer zwei verschiedene Motorräder als identische Maschinen vorzumachen – über derartige Lapsi ließe sich wohlwollend hinwegsehen. Die Probleme des Filmes sind zwei andere: Zum einen überzeichnet er bei allen Gelegenheiten. Eberswalde ist sicher keine Boomcity, aber es liegt auch nicht in Rumäniens ländlichster Region. Die Menschen dort sind mitunter vielleicht eher einfach Naturen, aber so stereotyp wie sie der Film zeigt, können sie kaum sein. Grundsätzlich ist das Leben sicher nicht immer aus Zucker, aber eine Trost- und Hoffnungslosigkeit an die Nächste zu hängen, ermüdet irgendwann einfach.

Das zweite Problem der Boxerin ist die Handlung, bzw. deren Fehlen. Nur selten hat man den Eindruck, dass die Drehbuchautorin ein bestimmtes Ziel vor Augen hatte, dass die Dramaturgie auf einen konkreten Punkt zuläuft. Vielmehr reiht sich eine Szene relativ unmotiviert an die Nächste; in den seltensten Fällen weiß der Zuschauer, worauf er gepannt sein sollte. Ein fehlender dramaturgischer Bogen muß für einen Film kein Manko sein. Viele Filme funktionieren trotzdem – oder gerade deswegen – sehr gut. Aber nicht so Die Boxerin.

Katharina Deus‘ Erstlingswerk ist in vieler Hinsicht vielversprechend. Einige Ideen überzeugen, viele Details sind spannend – aber vielleicht will der Film am Ende zu viel, verliert dabei Leichtigkeit, Eleganz und Freude am Medium – als wenn man einen Bogen sprichwörtlich überspannt und dann beim ersten Pfeil die Sehne reißt.

kornecke meint:

– Oscar-Nominierungen

oscar Am 05. März ist die Verleihung – und vor drei Tagen wurden die Nominierungen veröffentlicht.

Ein wenig unglücklich sind die diesjährigen Nomierungen aus deutscher Sicht ganz einfach deswegen, weil die meisten Filme hier noch gar nicht regulär im Kino sind/ sein werden. Das mag zum Teil daran liegen, dass einige Verleiher ihre Filme lieber als Premiere auf der (vorgezogenen) Berlinale starten lassen (Syriana, Capote) – auch wenn sie dann Ende Februar oder Anfang März regulär im Kino anlaufen.

However, großer Favorit ist Brokeback Mountain; nominiert in den Rubriken bester Film, bester Haupt- und Nebendarsteller, beste Nebendarstellerin, beste Regie, Kamera und Filmmusik. Es ist absehbar, dass der Film die meisten dieser Kategorien auch gewinnen wird.

Die anderen Nominierungen sind über diverse Filme verteilt, mehrfach vertreten sind u.a. Capote, Good Night, and Good Luck, München oder Walk the Line. So oder so kein echter Konkurrent gegen den großen Favoriten.

Bemerkenswert sind die Nominierungen für Woody Allen (Match Point, bestes Originaldrehbuch – sollte es tatsächlich einen Oscar für den Ostküstenquerkopf geben?), Das Wandelnde Schloss (kommt Hollywood auf den Anime-Geschmack?) und die Nominierungen für King Kong, Episode III, Narnia und Harry Potter, die sich allesamt dadurch auszeichnen, dass sie zum einen selten sind und dann nur in den technischen Kategorien statt finden. Die Oscars verabschieden sich mehr und mehr von dem Klischee – wenn sie dem überhaupt mal entsprachen – lediglich kommerziell erfolgreiche Filme zu beachten.

Ein wenig Spannung versprechen die Nominierungen für den besten nicht-englischsprachigen Film: Neben dem großartigen Sophie Scholl – Die letzten Tage hätte zweifellos auch Paradise Now den Preis verdient; letzterer könnte als aktueller politischer Kommentar verstanden, einen Bonus bei den Stimmberechtigten bekommen.

– David Lynch erklärt!

Gestern im Tagesspiegel gelesen: David Lynch – Regisseur von Blue Velvet, Lost Highway, Mulholland Drive und einer Reihe anderer verwirrender Filme – ist Anhänger der ‚Transzendentalen Meditation‘:

„Die (religionsunabhängige) transzendentale Meditation, der auch die Beatles anhingen, verspricht mehr Kreativität, Intelligenz, Moral, Frieden, weniger Kriminalität, Krankheiten, und Unwetter.“

Die ‚TM‘, wie sie von ihren Fans liebevoll genannt wird,

„ist 1989 vom Bundesverwaltungsgericht in die Rubrik der Jugendsekten und -religionen eingestuft worden. Sie könne, steht im Urteil, zu ‚psychischen Schäden und zu einer Persönlichkeitsstörung führen‘.“

Das erklärt allerdings einiges, Mr. Lynch!