Tim Burton ist eines von Hollywoods seltenen Unikaten; seine Filme gelten nicht nur als düster
sondern vor allem als merkwürdig skurril. Zusammen mit Johnny Depp, mit welchem er seit
Edward mit den Scherenhänden immer wieder zusammarbeitet, drehte er dieses Jahr bereits
zwei Filme, mit denen er seinem Ruf durchaus gerecht wird. Während Charlie und die
Schokoladenfabrik zwar eine phantastisch-ideenvolle Welt zeigte, aber das Drehbuch den
Zuschauer nie Recht in seinen Bann ziehen konnte, gelingt Burton mit Corpse Bride wieder
einmal ein großer Wurf.
Viktor, der Sohn einer wohlhabenden, bürgerlichen Familie im England des 19. Jahrhunderts, soll Viktoria heiraten, Tochter aus adeligem, aber auch hoffnungslos verschuldetem Hause; die Ehe ist zwischen den Eltern arrangiert und stößt so bei den Betroffenen nicht auf ungeteilte Begeisterung. Die Situation wird jedoch ungleich komplizierter, als Viktor sich am Vorabend der Hochzeit - eher unbeabsichtigt - mit einer Leiche vermählt. Man kann wohl sagen, dass Tim Burton genau für das Gegenteil dessen steht, was die amerikanische 'konservative Rechte' als wichtige Werte betrachtet. Burtons Filme beziehen immer wieder Stellung gegen Prüderie, überholte Konventionen und Spießbürgerlichkeit. So auch Corpse Bride, der auf sehr vergnügliche Weise die todernste Welt der Lebenden mit der der lebenslustigen Toden k onfrontiert - was sich nicht nur in den Charakteren sondern auch in der Optik und der gesamten Inszenierung wiederspiegelt. Und vor diesem unterhaltsamen Hintergrund wird eine Geschichte erzählt, die nicht arm ist an Romantik, Traurigkeit, Spannung und Witz - eine ausgesprochen unterhaltsame und charmante Geschichte also. Es ist bemerkenswert, dass in Zeiten, in denen die komplett digital produzierten Animationsfilme nicht nur Kritiker enttäuschen (Disneys erster eigener Computer-animierter Film Chicken Little fällt nahezu komplett durch) sondern auch finanziell erstmals weit hinter den Erwartungen bleiben (der unerwartet schwache DVD-Umsatz von Shrek 2 trägt einen guten Teil dazu bei, dass Dreamworks in Kürze kein eigenständiges Studio mehr sein wird) zwei Stop-Motion-Produktionen für Aufsehen sorgen. Sowohl das Riesenkaninchen hinter dem Wallace und Grommit her sind als auch die Leichenbraut, die Viktor sich angelacht hat, verdanken ihr Leben unzähligen Einzelaufnahmen von minimal bewegten Puppen - natürlich nicht komplett ohne nachträgliche digitale Politur. Ob digitale Schöpfung, Knetfigur oder handgemachte Puppe - ein Herz gewinnen all diese Wesen erst durch Tiefe in Charakterisierung und durch gewissenhafte Gestaltung. Und in der Ausstattung muß Burtons neues Werk kein Stück hinter den opulenten Vorgänger Charlie und die Schokoladenfabrik zurückstecken. Die Gestaltung der Puppen ist ebenso passend wie liebevoll. Während sich die Gestalter bei den verstorbenen Figuren unzählige Ideen erlauben konnten, bietet die Welt der Lebenden zwar weniger Platz für phantasievolle âFeaturesÕ aber umso mehr Gelegenheit den Charakter der Figur auch äußerlich darzustellen. Mindestens in der Kategorie 'Art Direction' sollte Corpse Pride eine Oscar-Nominierung sicher haben. So ist Burtons neuester Streich letztendlich vielleicht gar nicht so düster wie es der 'Gothic-Look' zuerst glauben macht und wie man es von Tim Burton gewohnt ist. Sicher ist Corpse Bride jedoch ein skuriler und auch ein makabrer Film - aber witzig, romantisch, liebevoll und vor allem lebenslustig. |